"Wir wollen Schüler in den MINT-Fächern begeistern"

18. November 2015 /

Stefan Burzin, Beate Brase, Karsten Schraut und Bernd Rohwedder erleben Forschung und Technik an Bord von SOFIA

Vier deutsche Lehrkräfte waren in der Nacht vom 18. November an Bord von SOFIA – dem Stratosphären Observatorium Für Infrarot Astronomie – und konnten live miterleben, wie Astronomen in einer Flughöhe von bis zu 13700 m Sternentstehungsgebiete und andere Galaxien beobachtet haben. Dafür sind Beate Brase (Gymnasium Wilhelm-Raabe Schule Hannover, Niedersachsen), Stefan Burzin (Werner-Heisenberg-Gymnasium Heide, Schleswig-Holstein), Bernd Rohwedder (Carl-Bosch-Gymnasium Ludwigshafen, Rheinland-Pfalz) und Karsten Schraut (Gesamtschule Hennef-West, Nordrhein-Westfalen) von Deutschland nach Palmdale, Kalifornien gereist, denn dort startet SOFIA etwa 100 Mal im Jahr zu den Beobachtungsflügen in die Stratosphäre.

Die vier deutschen Stratonauten vor dem Start
Die vier deutschen Lehrer vor dem Start. Von links: Stefan Burzin, Beate Brase, Karsten Schraut & Bernd Rohwedder. (Copyright: DSI)

Die umgebaute Boeing 747 SP fliegt in dieser Höhe – also am unteren Rand der Stratosphäre – weil dort die Infrarotstrahlung aus dem All nicht durch den Wasserdampf in der Erdatmosphäre gestört wird. In Bezug auf SOFIAs Flughöhe hat Karsten Schraut mit seinen Schülern den Begriff des „ Stratonauten“  kreiert: „Meine Schüler haben sich mit mir gefreut, als ich erfahren habe, dass ich eine SOFIA-Mission miterleben kann und sie sind sehr neugierig darauf, was ich bei SOFIA alles erlebe, als richtiger Stratonaut“, berichtete Karsten Schraut bereits beim ersten Vorbereitungstreffen im Juli 2015.

SOFIA Führung
Bei der Führung durch das Observatorium vor dem Teleskop. Von links: Stefan Burzin, Beate Brase, Bernd Rohwedder und Karsten Schraut. (Copyright: DSI)

Die vier Lehrkräfte wurden aufgrund ihrer sehr interessanten Unterrichtskonzepte rund um das Thema SOFIA für einen Mitflug ausgewählt. Schon am vergangenen Wochenende sind sie nach Los Angeles geflogen und dann weiter nach Palmdale, etwa 100 km nördlich von LA, gefahren. Am Armstrong Flight Research Center (AFRC) in Palmdale konnten die deutschen Lehrkräfte bereits am Montag bei Führungen sehr viel Neues über die Technik, die hinter dem Observatorium steckt, kennenlernen. Greg Perryman erläuterte ausführlich, welch technischer Aufwand allein in der Beschichtungsanlage für den Primärspiegel des SOFIA-Teleskops steckt. Der Primärspiegel muss für eine neue Beschichtung komplett aus dem Flugzeug ausgebaut werden. Beim Betrachten der Vakuumtanks, in dem der Vorgang stattfinden muss, haben die Pädagogen einen realistischen Eindruck von der Größe des Spiegels bekommen.

An Bord von SOFIA sind die üblichen Sitze einem komplexen Labor mit mehreren Computerkonsolen gewichen. Der Blick der Forscher und Ingenieure sowie der Lehrkräfte an ihrer EPO-Konsole (Education and Public Outreach) ist dabei nach hinten auf das Teleskop gerichtet. Insgesamt können nur 30 Personen an Bord von SOFIA mitfliegen. Die großen Umbauten bedeuten aber auch, dass beispielsweise die Atemmasken, die in normal bestuhlten Passagierflugzeugen im Falle eines Druckabfalls aus der Decke fallen, nicht an allen Sitzplätzen vorhanden sind. Für diesen Fall ist jeder „Passagier“ mit seinem eigenen Sauerstoff-Notfallsystem ausgestattet, das er natürlich auch anwenden können sollte. Daher hat am Montag ein etwa einstündiges Sicherheitstraining stattgefunden, in dem ein NASA Mitarbeiter den deutschen Gästen die Handhabung dieser Sauerstoffmaske sowie viele weitere Details zur Sicherheit an Bord eines Flugzeugs und die Besonderheiten bei SOFIA erläutert hat.

Maggie McAdam erklärt ihr wissenschaftliches Programm
Gastwissenschaftlerin Maggie McAdam (ganz rechts) erläutert den Lehrern ihr wissenschaftliches Programm. Hinten (v.l.): Stefan Burzin & Beate Brase; sitzend (v.l.) Bernd Rohwedder & Karsten Schraut. (Copyright: DSI)

Nachdem der ursprünglich für Dienstag geplante Mitflug aus technischen Gründen abgesagt worden war, war es dann am Mittwoch endlich soweit: Bereits 2 Stunden vor dem Start haben sich alle Teilnehmer dieser wissenschaftlichen Mission zum sog. Mission Briefing im großen Konferenzsaal am AFRC eingefunden. Dabei wurden Einzelheiten zum Flugplan, den Wetterbedingungen und den wissenschaftlichen Fragestellungen des Fluges 261 erläutert. Danach ging es zügig durch den großen Hangar zu SOFIA. Um 19:41 Uhr kalifornischer Ortszeit startete SOFIA, Beate Brase und Stefan Burzin konnten diesen sogar im Cockpit miterleben. Die beiden anderen Lehrkräfte verfolgten gespannt an den Computerbildschirmen der EPO – Konsole die Daten über die aktuellen Umweltbedingungen um das Flugzeug. Flughöhe, Temperatur, Luftdruck und natürlich auch der Wassergehalt der Luft, der die Infrarote Strahlung absorbiert, werden angezeigt. Bei einer Flughöhe von 12000 Metern konnten sie auf der Anzeige erkennen, dass sich das große Teleskoptor langsam öffnete – Stefan Burzin bemerkte dazu: „Genial, wir spüren gar nicht, wie das Tor vor dem Teleskop aufgeht, nur durch die Anzeige wissen wir, dass wir jetzt freien Blick auf die Sterne und Galaxien haben.“ Und er fährt fort: „Im Flugzeug vibriert es, alles wackelt ein wenig aber das Teleskop steht still, genau auf ein Objekt gerichtet. Irgendwie unglaublich. Und das alles bei mehr als 800 km/h und offenem Fenster.“

Während des fast 10 Stunden langen Fluges gab es viel zu beobachten. Das Teleskop zum Beispiel hat sich nur scheinbar bewegt, denn es ist so gelagert, dass es die einzige Struktur im Flugzeug ist, die stabil bleibt. Mission Director Sybil Adams hat sich während des gesamten Fluges immer wieder eng mit den Piloten, Teleskop-Ingenieuren und Instrumenten-Wissenschaftlern abgestimmt. Und natürlich standen die Forschungs-Objekte selbst, die auch an den Bildschirmen der EPO-Konsole angezeigt wurden, immer wieder im Mittelpunkt. Zusätzlich hatten die Lehrkräfte die Möglichkeit, mit allen Beteiligten an Bord zu reden und sich viele Informationen über Technik und Wissenschaft anzueignen. Beate Brase ist sich sicher: „Spitzenforschung und höchste Technologie von heute hautnah vermittelt zu bekommen, über die womöglich erst in 20 Jahren in Schulbüchern zu lesen sein wird, das wird meine Schülerinnen und Schüler gleichermaßen begeistern. Mit dem hier erlebten, kann ich viele Details in meine Unterrichtsstunden einbringen. Es ist immer wichtig, den Schülern zu erklären, für welche innovativen Anwendungen sie ihr erlerntes Wissen dann auch einsetzen können.“

 
Im Gespräch mit Andrew Helton
Die Lehrer (v.l.: Karsten Schraut, Stefan Burzin, Bernd Rohwedder, Beate Brase) im Gespräch mit Andrew Helton (rechts vorne)vom SOFIA Wissenschaftszentrum. (Copyright: DSI)

Zurzeit ist das Instrument FORCAST (Faint Object Infrared-Camera for the SOFIA Telescope) an das SOFIA-Teleskop angebracht. Unter der Leitung von Andrew Helton wurde auf diesem Flug unter anderem ein Asteroid im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter in unserem Sonnensystem beobachtet. Für dieses Projekt war die Wissenschaftlerin Maggie McAdam von der University of Maryland anwesend. Sie erklärte den Lehrkräften: „Wir nutzen die MIR-Spektroskopie um den unterschiedlichen Wassergehalt in den Mineralien an der Oberfläche von Asteroiden zu bestimmen. Dadurch möchten wir den Ursprung und die Entwicklung unseres Sonnensystems verstehen.“

Um 5:35 morgens sind die deutschen Lehrkräfte wieder in Palmdale gelandet und müde, aber mit vielen neuen Eindrücken von ihrem besonderen „Rundflug“, in ihr Hotel zurückgekehrt. Dort haben sie kurz gefrühstückt und sich für ein paar Stunden ausgeruht. Denn bereits um 15:00 mussten sie wieder zum Mission Briefing am AFRC sein. "Wer braucht schon Schlaf, wenn er solche Abenteuer erleben kann", winkt Bernd Rohwedder begeistert und erschöpft zugleich ab.


 Informationen zu den Lehrern:

Kontakt Dörte Mehlert, Email: mehlert@dsi.uni.stuttgart.de; Tel.:0711 - 685-69632
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