Sternentstehungen auf der Spur: vier deutsche Lehrkräfte an Bord von SOFIA

16. November 2016 /

Die Lehrkräfte Thomas Ulrich, Klaus-Peter Haupt, Manuela von Werder und Wolfgang Claas blicken einem internationalen Team über die Schulter

Beeindruckt – und müde – sind um drei Uhr am Mittwochmorgen kalifornischer Zeit vier deutsche Lehrkräfte in Palmdale nördlich von Los Angeles aus dem SOFIA-Flugzeug ausgestiegen. Sie haben an einem fast zehnstündigen Forschungsflug des Stratosphären Observatoriums für Infrarot-Astronomie teilgenommen und viele neue Eindrücke gesammelt. Begonnen hatte das eigentliche Abenteuer mit dem Mission Briefing am Dienstagnachmittag um 14:50 Uhr Ortszeit Kalifornien. Die Lehrkräfte Wolfgang Claas (Marie Curie Schule Ronnenberg, Niedersachsen), Klaus-Peter Haupt (Schülerforschungszentrum Nordhessen in Kassel, Hessen), Thomas Ulrich (Humboldt-Gymnasium Köln, Nordrhein-Westfalen) und Manuela von Werder (Stormarnschule Ahrensburg, Schleswig-Holstein) wurden dort vom Mission Director Jeff Cox begrüßt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hatten sie ihren Schulalltag vergessen und fühlten sich als Teilnehmer einer Forschungsmission oder wie in einem Science Fiction Film.

Vor dem Einsteigen
Thomas Ulrich, Klaus-Peter Haupt, Manuela von Werder und Wolfgang Claas  (v. l. n. r.) kurz vor ihrem ersten Flug an Bord von SOFIA. Copyright: DSI

Pünktlich um 16:51 Uhr beschleunigte die umgebaute Boeing 747SP auf der Startbahn Richtung Westen und hob über der Halbwüste des Antelope Valley der untergehenden Sonne entgegen ab. Schnell drehte SOFIA jedoch Richtung Osten ab, um dann bei etwa elf Kilometern Flughöhe das Tor im hinteren Teil des Flugzeuges zu öffnen und die insgesamt vier Forschungsobjekte für diesen Flug mit ihrem Teleskop anzuvisieren. Schwerpunkte dieser Beobachtungsnacht mit dem deutschen Instrument upGREAT (German Receiver for Astronomy at Terahertz Frequencies) waren in dieser Nacht u.a. die Zeitskala von Sternentstehungen genauer zu untersuchen oder auch ein großes Gebiet im Sternbild Orion zu kartieren.

Die vier Pädagogen hatten sich beim Deutschen SOFIA Institut (DSI) im Rahmen des SGAP (SOFIA German Ambassador Program) für einen Mitflug an Bord von SOFIA beworben. Und die Mühe hatte sich gelohnt, denn sie konnten das unabhängige Bewertungsgremium mit ihren Unterrichtskonzepten überzeugen. Alle vier sind sich sicher, dass sich die Anstrengung der weiten Reise positiv auf ihre Lehrtätigkeit auswirkt. Klaus-Peter Haupt erklärt treffend: „Für mich ist es wichtig, den Kontakt zu moderner aktueller Forschung nicht zu verlieren, damit ich als Lehrer authentisch unterrichten kann.“

Vor dem Teleskop
Während der Führung vor dem Teleskop: Manuela von Werder, Thomas Ulrich, Klaus-Peter Haupt und Wolfgang Claas  (v. l. n. r.). Copyright: DSI

Schon vor dem eigentlichen Forschungsflug konnten die vier SOFIA Botschafter am Montag den Hangar, in dem SOFIA stationiert ist, sowie die dazu gehörigen Labore besichtigen. In Gesprächen mit Mitarbeitern des DSI und der NASA konnten sie viele Details über das komplexe Observatorium lernen. Oliver Zeile vom DSI gab eine Einführung in die Steuerung, Regelung und Dämpfung des SOFIA Teleskops. Bodengebundene Teleskope stehen vibrationsarm auf einem großen Fundament und werden durch die Kuppel vor Wind geschützt, bei zu starkem Wind werden die Beobachtungen eingestellt. „Mit dem Flugzeug als Plattform betreiben wir das SOFIA Teleskop standardmäßig in einem Sturm und bei einem leichten Erdbeben, das müssen die Pointing-Systeme alles kompensieren“, erklärte der Ingenieur die Besonderheiten des SOFIA-Teleskops.

Der Mitflug bei dem Beobachtungsflug war natürlich der Höhepunkt dieser Fortbildungswoche. Die Lehrkräfte konnten während der langen Nacht mit den Gastwissenschaftlern, den Instrumentenwissenschaftlern, den Ingenieuren und den Piloten sprechen. Alle an Bord nahmen sich Zeit, den Gästen ihre Fragen zu beantworten. Und so ist dann auch Thomas Ulrich überzeugt: „Das wirklich interessante an dem Flug war es mitzuerleben, dass aktuelle wissenschaftliche Grundlagenforschung nicht dem entspricht, was man so aus dem Fernsehen kennt.“ Denn wie viel Vorarbeit für einen solchen Forschungsflug von Wissenschaftlern und Ingenieuren aus unterschiedlichen Disziplinen notwendig ist und wie viel Arbeit jetzt noch ansteht, bis die aufgenommenen Daten aus dieser Nacht wissenschaftlich publiziert werden können, wurde in vielen Gesprächen klar. „Toll, wir haben viele Informationen erhalten, die man so nicht nachlesen kann“, begeistert sich Wolfgang Claas für das SOFIA Team.

Im Gespräch
Die vier Lehrkräfte im Gespräch mit Karl Jacobs (ganz links) vom upGREAT Team (Copyright: DSI).

Für mitfliegende Lehrer und Lehrerinnen ist an Bord von SOFIA eine Konsole mit vier Computer-Bildschirmen eingebaut. Auf zwei Monitoren war das jeweils beobachtete Sternengebiet zu sehen. Die anderen beiden Bildschirme zeigen Informationen über das Flugzeug und den Status des Teleskops. Obwohl sich das Flugzeug bewegt, kann das Teleskop etwa 20 Minuten lang auf einen Bereich schauen. Beim Blick in den hinteren Teil des SOFIA-Flugzeuges konnten die Lehrkräfte sehen, wie das Teleskop scheinbar wackelt – aber in Wirklichkeit bewegt sich nicht das Teleskop, sondern das Flugzeug bewegt sich um das Teleskop herum. Letzteres bleibt auf einen weit entfernten Punkt stabil ausgerichtet.

Bei diesem Flug wurde in unterschiedlichen Sternentstehungsgebieten die IR-Strahlung von verschiedenen Formen von Kohlenstoffionen gemessen. Die Auswertung wird dann neue Erkenntnisse über die Dynamik der Entstehung von Sternen und Sternenhaufen geben. Ein Thema, das auch für die Schüler spannend klingt. Manuela von Werder, langjährige Partnerlehrerin des DSI und Leiterin der Astronomie-AG an ihrer Schule, weiß, dass sie damit ihre Schüler begeistern kann: „Der Blick durch ein Teleskop in die Tiefen des Alls öffnet meinen Schülerinnen und Schülern immer wieder neue Horizonte.“
Es war eine lange Nacht, mit vielen neuen Eindrücken und alle waren hoch zufrieden, denn als Pädagogen wissen sie: diese Erlebnisse werden viele ihrer Unterrichtsstunden bereichern

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Informationen zu den Lehrern:


upGREAT, die aufgerüstete Version von GREAT, dem „German Receiver for Astronomy at Terahertz Frequencies“, wurde durch ein Konsortium deutscher Forschungsinstitute (Max-Planck-Institut für Radio­astrono­mie Bonn und KOSMA/Universität zu Köln, in Zusammenarbeit mit dem DLR-Institut für Planeten­for­schung) entwickelt und gebaut. Projektleiter für GREAT (PI) ist Rolf Güsten (MPIfR); als stell­vertre­tende Projektleiter (Co-Is) sind Jürgen Stutzki (Univ. Köln) und Heinz-Wilhelm Hübers (DLR, Berlin-Adlershof) beteiligt. Die Entwicklung des Instruments ist finanziert mit Mitteln der beteiligten Institute, der Max-Planck-Gesellschaft, der Deutschen Forschungsgemeinschaft und des DLR.

Kontakt Dörte Mehlert, Email: mehlert@dsi.uni.stuttgart.de; Tel.:0711 - 685-69632
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