SOFIA lüftet den Schleier um die Sternentstehung im Orionnebel

8. Januar 2019

Der Wind eines neugeborenen Sterns im Orionnebel verhindert die Bildung weiterer Sterne in seiner Nachbarschaft
[Bild: NASA/SOFIA/Pabst et al.]

Der Wind eines neugeborenen Sterns im Orionnebel verhindert, dass weitere Sterne in seiner unmittelbaren Nachbarschaft entstehen. Zu diesem Ergebnis kommt ein internationales Team unter Leitung von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen der Universitäten Leiden und Köln anhand von Daten des Stratosphären-Observatoriums für Infrarot-Astronomie (SOFIA). Dies ist überraschend, da Astronomen bislang davon ausgegangen sind, dass andere Prozesse wie etwa explodierende Sterne, sogenannte Supernovae, die Rate der Sternenentstehung bestimmen. Die Beobachtungen mit SOFIA legen nun nahe, dass junge Sterne ebenfalls Winde erzeugen, die das für die Entstehung neuer Sterne erforderliche Material wegpusten können. Die entsprechende Publikation erscheint online im Fachjournal Nature unter dem Titel “ Disruption of the Orion molecular core 1 by wind from the massive star θ 1 Orionis C”.

Der Orionnebel ist eines der aktivsten Sternentstehungsgebiete in unserer galaktischen Nachbarschaft und zählt zu den am besten beobachteten und am meisten fotografierten Objekten am Nachthimmel. Ein eindrucksvoller Schleier aus Gas und Staub umhüllt das Gebiet und macht die Prozesse der Sternentstehung in normalem Licht unsichtbar. Infrarotlicht kann diesen Nebel jedoch durchdringen, so dass die Infrarotsternwarte SOFIA den Astronomen viele Geheimnisse der Sternentstehung enthüllt, die sonst verborgen bleiben würden.
So hat Cornelia Pabst von der Universität Leiden (Niederlande) mit ihren Kollegen eine kleine Gruppe junger, massiver und leuchtender Sterne im Herzen von M42 mit dem German Receiver for Astronomy at Terahertz Frequencies (GREAT) an Bord von SOFIA beobachtet. Ihre Daten zeigen zum ersten Mal, dass der starke Wind des hellsten dieser jungen Sterne, Theta1 Orionis C (θ1 Ori C), eine große Menge des umliegenden Materials nach außen gepustet hat – so wie ein Schneepflug den Schnee an die Straßenränder drückt. "Dieser Wind ist dafür verantwortlich, dass eine riesige, leere Blase um den zentralen Stern entsteht", erklärt Cornelia Pabst. "Er zerstört die Geburtsstätte und verhindert die Entstehung weiterer Sterne innerhalb der Wolke." Gleichzeitig verdichtet sich das molekulare Gas an den Rändern der Blase, so dass neue Bereiche aus dichtem Material entstehen, in denen sich zukünftige Sterne bilden können.

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Mit dem Instrument GREAT konnte die Gruppe um Cornelia Pabst eine Linie des einfach ionisierten Kohlenstoffs [CII] bei einer Wellenlänge von 158 µm genauestens vermessen. "Astronomen verwenden GREAT ähnlich wie ein Polizist eine Radarpistole", erklärte Alexander Tielens, ebenfalls ein Astronom am Leiden Observatory. "Das Radarsignal wird von einem vorbeifahrenden Auto reflektiert und informiert den Polizisten, wie schnell es ist."In gleicher Weise verwenden Astronomen die spektrale Signatur des ionisierten Kohlenstoffs, um die Gasgeschwindigkeit an allen Positionen im Nebel zu bestimmen. Eine dreidimensionale Darstellung der Daten, in der die dritte Dimension der Wellenlänge bzw. Geschwindigkeit entspricht, ist online verfügbar. Die Ähnlichkeit mit einem phantastischen Ungeheuer hat dieser Darstellung unter den Wissenschaftlern den Spitznamen "Weltraumdrachen" eingetragen.

So können die Wissenschaftler zum Beispiel die Wechselwirkungen zwischen massiven Sternen und den Wolken, in denen sie entstehen, untersuchen. Das Signal ist hierbei so stark, dass es sogar wichtige Details und Nuancen der Geburtsstätten von Sternen offenbart, die sonst verborgen bleiben. Da die untersuchte [CII] Linie jedoch bei einer Wellenlänge von 158 µm und somit im fernen Infrarotbereich liegt, kann sie nur an Bord des SOFIA Observatoriums nachgewiesen werden: In einer Höhe von 12 bis 14 Kilometern beobachtet SOFIA oberhalb des Wasserdampfs der Erdatmosphäre, der die Infrarotstrahlung nicht bis auf den Erdboden durchdringen lässt.
„Diese großräumige Kartierung des Orion Nebels bei ferninfraroten Wellenlängen wurde erst mit Hilfe von SOFIA und dem upGREAT Instrument möglich. Frühere Instrumente wie zum Beispiel der HIFI-Empfänger der ESA Cornerstone Herschel Mission hätten dafür etwa 50-mal länger beobachten müssen“, erläutert Bernhard Schulz, SOFIA Science Mission Deputy Director vom Deutschen SOFIA Institut der Universität Stuttgart. „Unser fliegendes Observatorium kann technologisch ständig auf dem neuesten Stand gehalten werden, was bei einer Weltraummission so nicht möglich ist.“

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Kontakt: Dörte Mehlert, Email: mehlert@dsi.uni-stuttgart.de; Tel.:0711 - 685-69632


GREAT/upGREAT, der „German Receiver for Astronomy at Terahertz Frequencies“, wurde durch ein Konsortium deutscher Forschungsinstitute (MPI für Radioastronomie/MPIfR, Bonn und KOSMA/Universität zu Köln, in Zusammenarbeit mit dem DLR‐Institut für Planetenforschung, Berlin, und dem MPI für Sonnensystemforschung, Göttingen) entwickelt und gebaut. Projektleiter für GREAT (PI) ist Jürgen Stutzki (Univ. Köln), stellvertretender Projektleiter (Co‐PI) ist Bernd Klein (MPIfR Bonn). Die Entwicklung des Instruments ist finanziert mit Mitteln der beteiligten Institute, der Max‐Planck‐G esellschaft, der Deutschen Forschungsgemeinschaft und des DLR.


SOFIA, das Stratosphären Observatorium Für Infrarot Astronomie, ist ein Gemeinschaftsprojekt des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR; Förderkennzeichen 50OK0901, 50OK1301 und 50OK1701) und der National Aeronautics and Space Administration (NASA). Es wird auf Veranlassung des DLR mit Mitteln des Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages und mit Mitteln des Landes Baden-Württemberg und der Universität Stuttgart durchgeführt. Der wissenschaftliche Betrieb wird auf deutscher Seite vom Deutschen SOFIA Institut (DSI) der Universität Stuttgart koordiniert, auf amerikanischer Seite von der Universities Space Research Association (USRA). Die Entwicklung der deutschen Instrumente ist finanziert mit Mitteln der Max-Planck-Gesellschaft (MPG), der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und des DLR.

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