Am 12. Januar 2023 ist SOFIA, das Stratosphären Observatorium für Infrarot Astronomie, in seinem finalen, dauerhaften Zuhause, dem Pima Air & Space Museum in Tucson, Arizona, angekommen. Das Deutsche SOFIA Institut der Universität Stuttgart, welches seit 2004 auf deutscher Seite für die Vorbereitung und Durchführung des wissenschaftlichen Betriebs von SOFIA verantwortlich war, wird die Kollegen und Kolleginnen der NASA und vom Pima Museum dabei unterstützen, SOFIA in die Dauerausstellung vor Ort zu integrieren.
Bereits am 13. Dezember 2022 ist die fliegende Sternwarte zum letzten Mal abgehoben, um vom NASA Armstrong Flight Research Center (AFRC) in Palmdale zur Davis-Monthan Air Force Base in Tucson zu fliegen. Den letzten Kilometer von der Air Force Base zum Pima Museum legte SOFIA nach der Weihnachtspause über zum Teil unbefestigte Wege geschleppt zurück. Für den Transport, der etwa drei Stunden dauerte, wurde die zu überquerende Straße kurzzeitig für den Autoverkehr gesperrt.
Nachdem die amerikanische Weltraumbehörde NASA und die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR am 28. April 2022 gegen den Rat deutscher und US-amerikanischer Wissenschaftler verkündet hatten, den Betrieb von SOFIA einzustellen, hat das Observatorium in der Nacht vom 28. auf den 29. September 2022 seinen letzten wissenschaftlichen Flug absolviert. Im Oktober nahm SOFIA dann zum ersten - und damit leider auch zum letzten - Mal an der Aerospace Valley Air Show auf der Edwards Air Force Base teil.
Anschließend hat das DSI vor Ort in Palmdale bis Anfang Dezember diverse deutsche Hardware-Komponenten wie etwa den Sekundärspiegel des Teleskops und den Focal Plane Imager plus (FPI+) - die Leitkamera des Observatoriums – ausgebaut und für den Versand nach Deutschland vorbereitet. In Tucson werden die Kollegen und Kolleginnen des DSI nun noch den 2,7 Meter durchmessenden Hauptspiegel aus dem Teleskop ausbauen, der an das Deutschen Optischen Museum (DOM) in Jena überführt werden soll und dort das Herzstück der neuen SOFIA Ausstellung im DOM sein wird.
Auch das abbildende Ferninfrarot Spektrometer FIFI-LS (Field-Imaging Far-Infrared Line Spectrometer) der Universität Stuttgart wird seit Oktober 2022 für den Rücktransport nach Stuttgart vorbereitet. In welcher Form es eine Weiterverwendung für dieses spezielle Instrument geben wird, ist noch nicht entschieden. Seine Sensoren, die speziell zum Detektieren von ferninfraroten Wellenlängen in Handarbeit hergestellt wurden, sollen auf jeden Fall für mögliche zukünftige Ferninfrarotmissionen erhalten bleiben. Ende August hatte FIFI-LS in seiner letzten Kampagne an Bord von SOFIA unter anderem das Galaktische Zentrum unserer Milchstraße kartiert. Mit diesen Beobachtungen können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Bahnen des interstellaren Gases auf dem Weg ins zentrale, massive Schwarze Loch unserer Milchstraße genauer analysieren.
Alle von SOFIA gesammelten Beobachtungsdaten kommen in das Infrared Science Archive (IRSA) am Infrared Processing and Analysis Center (IPAC) in Pasadena, Kalifornien, so dass Forschende auch in Zukunft noch zahlreiche wissenschaftliche Erkenntnisse daraus ableiten können. In den nächsten Monaten plant das DSI ein gespiegeltes Archiv dazu auf einem deutschen Server aufzubauen, welches weitere Verbesserungen der Datenprozessierung in den nächsten Jahren ermöglicht, so dass Astronomen und Astronominnen aus Deutschland und der ganzen Welt das Erbe, das SOFIA hinterlässt, noch besser für ihre wissenschaftlichen Arbeiten nutzen können. Da in nächster Zukunft weltweit kein anderes Ferninfrarot-Observatorium geplant ist, ist der Wert jedes bereits gemessenen Infrarot-Photons für Astronomen deutlich gestiegen. Damit ist es noch wichtiger die gesammelten SOFIA Daten so gut wie möglich aufzubereiten und der Wissenschaft einfach durchsuchbar zur Verfügung zu stellen.“, so Bernhard Schulz, SOFIA Science Mission Operations Deputy Director am DSI. „Ich denke, es wird noch viele SOFIA Veröffentlichungen geben, die zeigen, dass die Beendigung des Projektes verfrüht und unberechtigt war.“
Auch wenn beim DSI Team immer noch Unverständnis und Trauer über das verfrühte Ende der Mission vorherrscht – der Betrieb von SOFIA war ursprünglich auf 20 Jahre ausgelegt, dann aber ohne die übliche wissenschaftliche Begutachtung nach 8,5 Jahren eingestellt worden – , schaut das DSI auf eine erfolgreiche Betriebszeit von SOFIA zurück. So hat zum Beispiel das vom DSI gewartete und kontinuierlich weiterentwickelte Teleskop, der deutsche Hauptbeitrag zum SOFIA-Observatorium, während SOFIAs Betriebszeit nahezu perfekt funktioniert. „In den Jahren 2017 bis 2020 sind nur vier Wissenschaftsflüge aufgrund von technischen Teleskopproblemen ausgefallen. Das entspricht weniger als 1 % der durchgeführten Flüge. Die Ausfallursachen konnten allesamt innerhalb eines Tages behoben werden. Dies unterstreicht die außerordentliche Zuverlässigkeit des Teleskops und die Problemlösungs-Fähigkeit des DSI-Teams.“, so Michael Hütwohl, SOFIA Teleskopmanager des DSI.
Viele wissenschaftliche Missionen, wie etwa die Beobachtung der Plutobedeckung im Juni 2015 oder die Suche nach Wasserspuren auf der Mondoberfläche, waren nur durch die tatkräftige Unterstützung des DSI Teams möglich. Ganz zu schweigen von den Forschungseinsätzen auf der Südhemisphäre – vor allem in Christchurch, Neuseeland (2013, 2015 bis 2019 und 2022), aber auch in Französisch-Polynesien (Sommer 2021) und Chile (März 2022). Selbst während der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie hat das DSI-Team unter extremen Bedingungen hundertprozentigen Einsatz gezeigt und zum Beispiel im Februar und März 2021 die sechswöchige Beobachtungskampagne von Köln aus mit vorbereitet und vor Ort unterstützt.
Während der beiden Besuche von SOFIA am Stuttgarter Flughafen im September 2011 und 2019 haben die Kolleginnen und Kollegen des DSI der Öffentlichkeit dieses besondere Flugzeug und seine Mission vorgestellt und bei den Führungen durch das Observatorium mit zahlreichen authentischen Erfahrungsberichten nahegebracht. „Trotz der besonderen technischen Herausforderungen einer flugzeuggestützten Sternwarte war SOFIA ein außerordentlich erfolgreiches Projekt mit exzellentem wissenschaftlichem Ertrag – und dies insbesondere für die deutsche Astronomische Community und die Universität Stuttgart“, so Alfred Krabbe, Leiter des DSI.
Links zur News:
- Die fliegende Sternwarte SOFIA beendet nach acht Jahren ihre Mission, DLR News, 28. April 2022
- SOFIA – Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen, DSI News / Gegendarstellung, 03. Mai 2022 – Gegendarstellung
- NASA’s Retired SOFIA Aircraft Finds New Home at Arizona Museum, NASA News, 08. Dezember 2022
- NASA’s Legacy of Science, Engineering in Retiring Airborne Observatory, NASA News, 29. September 2022
- Pima Air & Space Museum
- GREATs finale Flüge, Pressemitteilung vom MPIfR, 04. Mai 2022
Weitere SOFIA Links:
- SOFIA Science Center
- NASA SOFIA Missionsseite
- SOFIA Missionsseite der DLR Raumfahrtagentur
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SOFIA, das Stratosphären Observatorium Für Infrarot Astronomie, ist ein Gemeinschaftsprojekt des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR; Förderkennzeichen 50OK0901, 50OK1301, 50OK1701 und FKZ 50 OK 2002) und der National Aeronautics and Space Administration (NASA). Es wird auf Veranlassung des DLR mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages und mit Mitteln des Landes Baden-Württemberg und der Universität Stuttgart durchgeführt. Die SOFIA-Aktivitäten werden auf deutscher Seite von der Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) koordiniert und vom Deutschen SOFIA Institut (DSI) der Universität Stuttgart durchgeführt, auf amerikanischer Seite von der NASA. Die Entwicklung der deutschen Instrumente ist finanziert mit Mitteln der Max-Planck-Gesellschaft (MPG), der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und des DLR.