SOFIA erkundet den Südhimmel über Neuseeland

18. Juli 2013 / Dr. Dörte Mehlert

SOFIA, das "Stratosphären - Observatorium für Infrarot- Astronomie", fliegt erstmals in der südlichen Hemisphäre: Ziel der dreiwöchigen Stationierung am Flughafen Christchurch in Neuseeland ist die Untersuchung von Himmelskörpern, die nahezu ausschließlich von Flugrouten südlich des Äquators zu beobachten sind.

SOFIA, das " Stratosphären - Observatorium für Infrarot- Astronomie", fliegt erstmals in der südlichen Hemisphäre: Ziel der dreiwöchigen Stationierung am Flughafen Christchurch in Neuseeland ist die Untersuchung von Himmelskörpern, die nahezu ausschließlich von Flugrouten südlich des Äquators zu beobachten sind. Beim ersten der insgesamt neun geplanten Wissenschaftsflügen nahmen deutsche und amerikanische Forscher in der Nacht vom 17. auf den 18. Juli 2013 (Ortszeit) die beiden Magellanschen Wolken - zwei Nachbargalaxien der Milchstraße - sowie die um das Schwarze Loch im Zentrum unserer Galaxis rotierende zirkumnukleare Gasscheibe ins Visier. SOFIAs Betrieb sowie die wissenschaftlichen Beobachtungen werden auf deutscher Seite vom Deutschen SOFIA Institut (DSI) der Universität Stuttgart koordiniert. 

SOFIA at christchurch 1

Abbildung 1:  SOFIA, das “Stratosphären Observatorium für Infrarot-Astronomie” ist derzeit im neuseeländischen Christchurch stationiert. Vom 17. Juli bis 2. August 2013 sind insgesamt neun Messflüge zur Erkundung astronomischer Objekte am südlichen Himmel geplant. (Quelle: NASA/USRA; hier klicken für Bild in hoher Auflösung)

Ein auf die Unterstützung des Infrarot-Teleskops spezialisiertes Team von DSI-Kollegen betreut deshalb den ersten Einsatz von SOFIA auf der Südhalbkugel. Als Beobachtungsinstrument wird das von Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie in Bonn entwickelte Spektrometer GREAT (German Receiver for Astronomy at Terahertz Frequencies) eingesetzt. Es bleibt für die gesamte Dauer der Kampagne für die spektroskopischen Messungen im fernen Infrarot an dem Teleskop mit einem Spiegeldurchmesser von 2,7 Metern installiert .SOFIA, ein Gemeinschaftsprojet vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der NASA, ist das weltweit größte fliegende Observatorium. Die Flughöhe beträgt bis zu 13.700 Meter und ermöglicht so den Zugang zu den astronomischen Signalen im Infrarot- bis hin zum Submillimeterbereich, die sonst durch den atmosphärischen Wasserdampf absorbiert würden und vom Boden aus nicht messbar sind.

Am 12. Juli mitteleuropäischer Sommerzeit startete das Flugzeug von seiner Heimatbasis in Palmdale, Kalifornien, und flog über Hawaii nach Christchurch, Neuseeland. Dort hat die amerikanische National Science Foundation einen Stützpunkt für ihr Antarktis-Programm, auf dem SOFIA bis zum 2. August stationiert sein wird. Forschungsziele auf der Südhalbkugel sind u.a. die Große und Kleine Magellansche Wolke sowie einige Objekte im Zentrum der Milchstraße (siehe Abbildung 2). Die beiden Magellanschen Wolken sind so genannte Zwerggalaxien in der unmittelbaren Nachbarschaft unserer eigenen Galaxis. Sie sind am südlichen Himmel mit bloßem Auge gut sichtbar. Benannt wurden sie nach dem Entdecker Ferdinand Magellan, einem der ersten Europäer, der über sie berichtete. Ihre „relative“ Nähe von 163.000 bzw. 209.000 Lichtjahren macht es möglich, dort die Lebenszyklen von Sternen, vom Protostern bis zu den Resten einer Supernova, genauer zu erforschen. SOFIA untersucht von Neuseeland aus auch andere bekannte Sternentstehungsgebiete, die im optischen Wellenlängenbereich zwar schon untersucht wurden, aber im Infraroten bisher kaum erforscht sind. Für einige der Beobachtungen wird das SOFIA-Teleskop deshalb auch auf das Zentrum der Milchstraße gerichtet, das von der südlichen Hemisphäre aus wesentlich besser und länger zugänglich ist als vom Nordhimmel aus.

milky way

Abbildung 2:  Einige astronomische Forschungsziele sind nur von der südlichen Hemisphäre der Erde aus sichtbar. Auf diesem in Cerro Paranal in der chilenischen Atacama-Wüste aufgenommenen Foto des südlichen Nachthimmels sind insgesamt drei Galaxien zu sehen: Sterne und Gas in der inneren Milchstraße und die beiden Magellanschen Wolken. Das Interesse der Forscher konzentrierte sich beim ersten Flug von SOFIA aus dem neuseeländischen Christchurch auf diese beiden Zwerggalaxien in der Nähe der Milchstraße, die Große und Kleine Magellansche Wolke. (Quelle: ESO/Y. Beletsky - http://www.eso.org/public/images/potw1119a/; hier klicken für Bild in hoher Auflösung) .

“In mehr als 30 Veröffentlichungen über die wissenschaftlichen Ergebnisse aus den Messkampagnen in der nördlichen Hemisphäre im Jahr 2011 wurde bereits das außerordentliche wissenschaftliche Potenzial dieses Observatoriums deutlich”, schildert SOFIA-Projektleiter Alois Himmes vom DLR. “Mit den aktuellen Einsätzen in Neuseeland erweitert sich dieses Potenzial erheblich durch den Zugriff auf die für die Forscher so interessanten Quellen am Südhimmel“, fügt er hinzu.

Eine deutsch-amerikanische Crew bestehend aus Wissenschaftlern, Technikern und Ingenieuren sowie zwei Pilotenteams der NASA sind an dem Neuseeland-Einsatz von SOFIA beteiligt. 13 Kollegen vom DSI der Universität Stuttgart werden den ersten Aufenthalt der fliegenden Sternwarte auf der Südhalbkugel mit ihrer Expertise bezüglich des Teleskops unterstützen. „Wir planen drei wissenschaftliche Flüge pro Woche, für die das Teleskop immer aufs Neue seine Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen muss“, erklärt Holger Jakob, Leiter des DSI Teleskop Teams. „Die große Distanz zur Heimatbasis in Palmdale stellt uns hier tagtäglich vor neue Herausforderungen.“

Dank seiner hohen spektralen Auflösung kann das GREAT-Instrument die Zusammensetzung, Temperatur und Strömungen des interstellaren Gases sehr genau messen und so den gesamten Zyklus der Sternentstehung untersuchen. Das Instrument ermöglicht die Beobachtung embryonaler Protosterne, die noch in ihre Geburtswolke aus Gas und Staub eingebettet sind, bis zur Endphase voll entwickelter Sterne, die ihre äußere Hülle wieder in den Weltraum abstoßen.

"Die bisherigen SOFIA-Wissenschaftsflüge am Nordhimmel haben bereits die Leistungsfähigkeit unseres GREAT-Empfängers gezeigt. Jetzt warten am Südhimmel neue Herausforderungen wie die Magellanschen Wolken, mit einem wesentlich geringeren Anteil an schweren Elementen im Vergleich zu unserer Milchstraße. Dazu gehört mit dem Tarantelnebel (30 Doradus) das aktivste bekannte Sternentstehungsgebiet in unserer engeren kosmischen Umgebung, der Lokalen Gruppe von Galaxien”, sagt Rolf Güsten vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie, der Leiter der deutschen Forschergruppe, die das GREAT-Instrument entwickelt hat.

„SOFIAs ersten Einsatz auf der Südhalbkugel ist nur durch die intensive und fruchtbare Zusammenarbeit der beteiligten amerikanischen und deutschen Partner möglich“, erklärt Alfred Krabbe, Leiter des DSI und Inhaber der Professur für Flugzeugastronomie und Extraterrestrische Raumfahrtmissionen an der Universität Stuttgart. „Dies ist nur die erste einer ganzen Serie von geplanten Messkampagnen mit SOFIA von der Südhemisphäre, die für die Projektlaufzeit von voraussichtlich 20 Jahren vorgesehen sind.”

Unmittelbar nach der Landung des ersten Wissenschaftsflug von SOFIA in Christchurch fasst Rolf Güsten, Projektwissenschaftler für den GREAT-Empfänger, zusammen: "Wir hatten heute Nacht einen sehr erfolgreichen Flug, mit exzellenten Ergebnissen für alle Beobachtungsobjekte. Ich habe noch nie einen dermaßen durchsichtigen Himmel in Ferninfrarot-Wellenlängen gesehen wie heute Nacht - nur ein paar Mikrometer Wasserdampf in der Atmosphäre. Das ist fast wie im Weltraum!"

 
GREAT at telescope flange
Abbildung 3: Das Spektrometer GREAT für Messungen im fernen Infrarotbereich (das goldfarbene vertikale Instrument im Vordergrund) wurde für die Dauer des ersten Einsatzes auf der Südhalbkugel an SOFIAs Teleskop installiert. (Quelle: NASA/GREAT Consortium/R. Guesten).

Links:

Zusätzliche DSI Pressmaterialien

USRA Southern Deployment 2013 Press Kit

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  SOFIA @ NASA and the SOFIA Science Center @ USRA

   
  
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Rolf Güsten
GREAT Principal Investigator
E-mail: rguesten (at) mpifr-bonn.mpg.de
 

GREAT, der "German Receiver for Astronomy at Terahertz Frequencies", ist ein Empfänger für spektroskopische Ferninfrarot-Beobachtungen in einem Frequenzbereich von 1,25 bis 5 Terahertz (60-240 µm Wellenlänge), der von bodengebundenen Observatorien aus wegen der mangelnden atmosphärischen Transparenz nicht mehr zugänglich ist. Dieser Empfänger kommt als Instrument der ersten Generation am Flugzeug-Observatorium SOFIA zum Einsatz. GREAT wird in einem Konsortium deutscher Forschungsinstitute (MPIfR Bonn und KOSMA/Universität zu Köln, in Zusammenarbeit mit dem MPI für Sonnensystemforschung und dem DLR-Institut für Planetenforschung) entwickelt und betrieben. Projektleiter für GREAT ist Dr. Rolf Güsten (MPIfR). Die Entwicklung des Instruments ist finanziert mit Mitteln der beteiligten Institute, der Max-Planck-Gesellschaft und der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

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