SALSA - Survey of Extragalactic Magnetism with SOFIA

SALSA – Magnetfelder in Galaxien

16. Juni 2023 /

SOFIA zeigt Wechselwirkung zwischen chaotischen Magnetfeldern und Sternentstehung
[Bild: NASA/SOFIA/L. Proudfit (Poster design)]

Seit Jahrzehnten erforschen Astronomen und Astronominnen die Kräfte, die das Innere von Galaxien bestimmen: Schwerkraft, kinetische Energie, stellare Strahlung, Gasdruck. Die Bedeutung von Magnetfeldern für die Entwicklung von Galaxien ist allerdings noch weitgehend unverstanden – und das, obwohl sie bis zur Hälfte des gesamten Energiehaushalts des Gases in einer Galaxie ausmachen können. Beobachtungen des warmen diffusen Gases zwischen den Sternen im Radiowellenbereich deuten darauf hin, dass vermutlich alle Galaxien von einem geordneten großskaligen Magnetfeld gewaltiger Dimension durchzogen sind. Aber wie sieht es auf kleineren Skalen wie etwa den kalten dichten Molekülwolken aus, in denen Sterne entstehen? Befinden sich dort ähnlich geordnete Magnetfelder? Regulieren diese womöglich die Geschwindigkeit der Sternentstehung? Beeinflussen sie die Bildung der molekularen Wolken oder die Kinematik der Scheibe einer Spiralgalaxie?

Um diesen Fragen nachzugehen, hat ein internationales Team um Alejandro Borloff vom NASA Ames Research Center im Rahmen des SOFIA-Legacy-Programms SALSA (Survey on extragALactic magnetiSm with SOFIA) die Magnetfelder von 14 Galaxien in der Nachbarschaft der Milchstraße untersucht. Dazu haben die Forschenden die Galaxien mit der hochauflösenden Airborne Wideband Camera HAWC+ an Bord von SOFIA im fernen infraroten Wellenlängenbereich bei zwischen 53 und 214 Mikrometern beobachtet. Nur bei diesen Wellenlängen können Forschende die Magnetfelder in den kalten, dichten Molekülwolken der Sternentstehungsgebiete vermessen. Allerdings sind Magnetfelder von Natur aus schwer bzw. nur indirekt zu detektieren, sodass die Forschenden einen Trick anwenden: In den Molekülwolken befinden sich längliche Staubkörner geringer Ausdehnung, die sich senkrecht zum Magnetfeld ausrichten, sodass die Strahlung, die von diesen Staubkörnern ausgeht, polarisiert ist. Mit dem HAWC+-Instrument konnte das Team um Alejandro Borloff dieses polarisierte, ferninfrarote Licht der magnetisch ausgerichteten Staubkörner beobachten und daraus anschließend die Orientierung der Magnetfelder in den Molekülwolken ableiten.

SALSA - Survey of Extragalactic Magnetism with SOFIA
SALSA - Survey of Extragalactic Magnetism with SOFIA

Ein Vergleich mit Radiodaten vom Effelsberg-Teleskop in Deutschland und Very Large Array in New Mexico bei Wellenlängen von wenigen Zentimetern, die beide für die polarisierte Strahlung aus dem weniger dichten  Gas der Galaxien empfindlich sind, zeigt Erstaunliches: Spiralgalaxien neigen zwar dazu Magnetfelder zu haben, die auf großen Skalen den Spiralarmen aus Gas und Sternen folgen. Die mit SOFIA abgeleiteten Magnetfelder auf den kleineren Skalen der Molekülwolken sind jedoch chaotischer und weniger geordnet als die mit Radioteleskopen beobachteten. "Die Ergebnisse des Projektes SALSA sind sehr wichtig", erläutert Rainer Beck vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn und Ko-Autor der veröffentlichten Studie. “Zum ersten Mal gibt es Polarisationsdaten von Galaxien mit ähnlicher Winkelauflösung wie die unserer Radiokarten im Ferninfrarot, sodass sich die Magnetfeldstruktur im kalten interstellaren Medium mit der im warmem interstellaren Medium vergleichen lässt. Die Strukturen sind ähnlich, aber es gibt auch signifikante Unterschiede, z.B. in Regionen zwischen den Spiralarmen und in den Außengebieten der galaktischen Scheiben. Die Ähnlichkeit der im Ferninfrarot- und Radiobereich gemessenen Magnetfeldstrukturen ist ein starkes Argument für die Aktivität von galaktischen Dynamos, deren Theorie vor rund 50 Jahren in Deutschland, den USA und Russland entwickelt wurde."

Das SALSA-Projekt umfasst neben sogenannten Starburst-Galaxien, die mit einer unglaublich hohen Rate Sterne bilden – oft als Folge einer Kollision zwischen Galaxien oder anderer gravitativer Störungen – auch Galaxien, die ein supermassereiches Schwarzes Loch beherbergen, das energiereiche Jets aus ionisiertem Gas senkrecht zur galaktischen Ebene rauschleudert. Die SALSA-Ergebnisse zeigen, dass SOFIA das Magnetfeld, das parallel zu diesen Ausströmungen in Starburst-Galaxien ausgerichtet ist, im Ferninfraroten besser detektieren kann als Radioteleskope. Radioteleskope hingegen sind tendenziell empfindlicher für die Magnetfelder im diffusen Gas in den Regionen zwischen den Spiralarmen der Wirtsgalaxien. Bei einigen Galaxien wie etwa NGC 2146 ist SOFIA mithilfe der HAWC+-Beobachtungen bei verschiedenen Wellenlängen sogar in der Lage, zwischen dem Magnetfeld des galaktischen Ausflusses und dem der galaktischen Ebene zu unterscheiden.

Das von den magnetisch ausgerichteten Staubkörnern im kalten, dichten interstellaren Medium ausgestrahlte Ferninfrarotlicht zeigt, dass Magnetfelder untrennbar mit der Sternentstehung verbunden sind: Dieselben Prozesse, die neue Sterne bilden, können gleichzeitig die Stärke  und Struktur der umliegenden Magnetfelder beeinflussen. Die Ergebnisse des SALSA-Projekts zeigen, dass die Magnetfelder in turbulenten, dichten, sternbildenden Gaswolken ungeordneter sind als im diffusen interstellaren Gas - ein Effekt, der vermutlich direkt mit den Auswirkungen der von Sternbildung freigesetzten Energie zusammenhängt. Verschiedene Wellenbereiche (Ferninfrarot, Radio) offenbaren Regionen mit unterschiedlicher Magnetfeldstruktur. Hochauflösende Polarisationsbeobachtungen von Galaxien im fernen Infrarot, wie sie mit HAWC+ an Bord von SOFIA geliefert werden konnten, sind für das Verständnis der Rolle von Magnetfeldern in der Entwicklung des Universums von Bedeutung.

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SALSA - Das Joint Legacy Program „SALSA – Survey of Extagalactic Magnetism with SOFIA“ zielt darauf ab, ein umfassendes empirisches Bild der magnetischen Feldstärke und Struktur im mehrphasigen ISM von Galaxien zu erstellen. Zum ersten Mal werden wird eine polarimetrische FIR-Durchmusterung von nahen Galaxien durchgeführt. Diese Ergebnisse werden mit radio-polarimetrischen und optischen spektroskopischen Beobachtungen kombiniert, um die Magnetfeldstärke/-struktur sowie die Gasdynamik als Funktion der Eigenschaften der Wirtsgalaxie und der galaktischen Umgebung auf der kpc-Skala zu bestimmen. Die polarimetrischen Beobachtungen dieses Legacy-Programms mit großem Feld und mehreren Wellenlängen werden einen entscheidenden Schritt darstellen, der den grundlegenden Rahmen für die Magnetfeldstruktur in den molekularen Gasscheiben naher Galaxien im kpc-Maßstab schaffen wird.

SOFIA, das Stratosphären Observatorium Für Infrarot Astronomie, ist ein Gemeinschaftsprojekt des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR; Förderkennzeichen 50OK0901, 50OK1301, 50OK1701 und FKZ 50 OK 2002) und der National Aeronautics and Space Administration (NASA). Es wird auf Veranlassung des DLR mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages und mit Mitteln des Landes Baden-Württemberg und der Universität Stuttgart durchgeführt. Die SOFIA-Aktivitäten werden auf deutscher Seite von der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR koordiniert und vom Deutschen SOFIA Institut (DSI) der Universität Stuttgart durchgeführt, auf amerikanischer Seite von der NASA und der Universities Space Research Association (USRA). Die Entwicklung der deutschen Instrumente wurde finanziert mit Mitteln der Max-Planck-Gesellschaft (MPG), der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und des DLR.

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