NGC7479

Unsichtbare, entgegengesetzte Spiralarme bestätigt

November 30, 2021 /

[Picture: ESA/Hubble & NASA, Fadda et. al 2021]

NGC 7479 ist eine Balkenspiralgalaxie im Sternbild Pegasus, die sich durch eine hohe Sternentstehungsrate, ein helles Zentrum sowie für diese Galaxienart typische S-förmigen Spiralarme auszeichnet. Beobachtungen im Radiowellenbereich, der für das menschliche Auge unsichtbar ist, zeigen außerdem ein weiteres Paar S-förmiger Arme, die sich in die entgegengesetzte Richtung der sichtbaren Galaxie biegen.

Dario Fadda vom SOFIA Science Center hat diese zusätzlichen Arme zusammen mit seinen Kollegen Seppo Laine und Philip Appleton (beide vom California Institute of Technology) kürzlich auch in anderen Wellenlängenbereichen beobachtet, um ihren Ursprung zu verstehen. Unter anderem haben die Astronomen an Bord der fliegenden Sternwarte SOFIA das ferninfrarote Licht des ionisierten Kohlenstoffs [CII] in diesen Gebieten mit dem abbildenden Linienspektrometer (FIFI-LS) der Universität Stuttgart kartiert. Die Emission der [CII] 158 µm-Spektrallinie entsteht im interstellaren Medium, wenn junge, neu entstandene Sterne das Gas in ihrer Umgebung aufheizen und der durch Kollisionen mit Elektronen, Wasserstoffatomen oder -Molekülen ionisierte Kohlenstoff diese Energie dann wieder in Form von Ferninfrarotstrahlung abgibt. Anhand der Stärke der [CII] 158 µm-Linie können die Forscher also die freigesetzte Energie und somit die Anzahl junger, heißer Sterne ermitteln. Die [CII] 158 µm-Linie ist daher ein ideales Messinstrument für die Sternentstehungsrate einer Galaxie.

NGC7479Mittleres Bild: Aufnahme des Hubble-Weltraumteleskops von NGC 7479, erstellt aus Beobachtungen bei sichtbaren und nahinfraroten Wellenlängen mit 20-cm-Radiokontinuumskonturen in orange. Die gelben Quadrate markieren die Enden der entgegengesetzten Arme. Linkes und rechtes Bild: Vergrößerungen dieser Regionen, wobei die Kreise das Gesichtsfeld des SOFIA-Instruments FIFI-LS andeuten. Bildnachweis: ESA/Hubble & NASA

Das Stratosphären Observatorium für Infrarotastronomie (SOFIA) der amerikanischen Weltraumbehörde NASA und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt ist derzeit das einzige Observatorium weltweit, dass diese Strahlung von [CII] bei einer Wellenlänge von 158 µm beobachten kann.

Die SOFIA-Aufnahmen von NGC 7479 zeigen allerdings im Vergleich zu den Daten im Radiowellenbereich, dass an einigen Stellen in den entgegengesetzten Armen die Stärke der CII] 158 µm-Linie nicht alleine durch Sternentstehung entstanden sein kann, sondern weitere Prozesse eine Rolle gespielt haben müssen. Röntgenaufnahmen von NGC 7479, in denen diese untypischen Arme ebenfalls sichtbar sind, liefern eine mögliche Erklärung: Im Zentrum der Galaxie befindet sich ein aktiver Kern, der Energie und Gas in Form von Jets – das sind gerichtete Materieströme – nach außen transportiert.
Wenn sich diese Jets den dichten Molekülwolken entlang des Balkens nähern, wird ein Teil ihrer Impulse von den Wolken absorbiert, was dazu führt, dass sich die Jets in eine Richtung biegen, die der Biegung der normalen Spiralarme der Galaxie entgegengesetzt ist. So entstehen dann die entgegengesetzten Arme. Außerdem entstehen dort, wo die Jets an ihrem Ende auf das interstellare Gas treffen, Schockfronten, in denen der beobachtete zusätzliche ionisierte Kohlenstoff [CII] entsteht.

Mit einer Entfernung von etwa 115 Millionen Lichtjahren liegt NGC 7497 in der galaktischen Nachbarschaft der Milchstraße. Die [CII] 158 µm-Linie ist hell genug, um auch in weit entfernten Galaxien als Indikator für die Sternentstehungsrate zu funktionieren. Dazu müssen die Forschenden dieses Werkzeug allerdings zunächst kalibrieren und alle anderen Prozesse - wie etwa ein aktiver Kern im Zentrum der Galaxie - verstehen, die diese Linienstärke gegebenenfalls verfälschen können.

„Indem wir mit SOFIA Galaxien in unserer Nähe im Detail untersuchen, bekommen wir ein besseres Bild davon, was wir bei den Beobachtungen von weit entfernten Galaxien und der Bestimmung der Sternentstehungsraten im frühen Universum beachten müssten.“, erläutert Bernhard Schulz, SOFIA Science Mission Operations Deputy Director vom Deutschen SOFIA Institut, das an der Universität Stuttgart SOFIAs Betrieb auf deutscher Seite koordiniert.

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SOFIA, das Stratosphären Observatorium Für Infrarot Astronomie, ist ein Gemeinschaftsprojekt der Deutschen Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR; Förderkennzeichen 50OK0901, 50OK1301, 50OK1701 und 50OK2002) und der National Aeronautics and Space Administration (NASA). Es wird auf Veranlassung der Deutschen Raumfahrtagentur mit Mitteln des Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages und mit Mitteln des Landes Baden-Württemberg und der Universität Stuttgart durchgeführt. Der wissenschaftliche Betrieb wird auf deutscher Seite vom Deutschen SOFIA Institut (DSI) der Universität Stuttgart koordiniert, auf amerikanischer Seite von der Universities Space Research Association (USRA). Die Entwicklung der deutschen Instrumente ist finanziert mit Mitteln der Max-Planck-Gesellschaft (MPG), der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und des DLR.

 

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